Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null – und das nennen sie dann ihren Standpunkt.
- Albert Einstein
BLOG
Auf meinem Blog findet Ihr Fachliches und Wissen, wir liefern Hintergründe, berichten über Persönliches, nennen Standpunkte und wollen auch mal über den Tellerrand schauen. Eines sei gleich vorweg genommen – Wir vertreten unsere Meinung, Sie mag nicht immer richtig sein, Sie ist ohne jegliche Gewähr – aber mit Sicherheit oft ein Gewinn. Wir leben in einer optischen, Reizüberfluteten Gesellschaft. Oft wird vergessen, welche Kraft von einem Stift und einem Blatt Papier ausgehen kann.
Von Rotorblättern; Weinblättern; Gummibären und ganzen Beeren
Also diese Woche habe ich eine schier unglaubliche Geschichte gelesen. In der Schnell-Zusammenfassung:
Rotorblätter von Windrädern sind aufgrund ihrer Verbundwerkstoffe nur schwer recyclebar. Oft werden sie einfach im Boden vergraben. Umweltfreundlich ist das ja nicht. Forscher/innen der Michigan State University haben nun ein neues Material entwickelt, das das Umweltproblem mit den Riesenteilen lösen soll, berichtet CNet.
Ich zitiere:
Dabei soll glasfaserverstärkter Kunststoff mit pflanzlichen und synthetischen Polymeren kombiniert werden. Das Verbundharz genannte Material soll sich laut den Forscher/innen einfacher recyclen lassen und könne etwa auch zur Herstellung von Gummibären zum Einsatz kommen. Das Harz könne am Ende seines Nutzungszyklus in seine Bestandteile zerlegt werden. Die schwer weiter verarbeitbaren Glasfaserstücke müssten entfernt werden, der Rest könne zu einer Vielzahl von Gegenständen recycelt werden. „Wir haben Kaliumlaktat in Lebensmittelqualität zurückgewonnen und daraus Gummibärchen hergestellt, die ich gegessen habe“.
Lisebithy???? Alter Schwede….
Was das jetzt mit Wein zum tun hat – nun rein gar nichts, aber das mit den Blättern und den Bären hat mir gefallen. Oft werde ich gefragt wie den diese ganzen Aromen in den Wein kommen. Achtung – jetzt kommt Fachchinesisch: Nun, Sie kommen von – Gesunden aromatischen Trauben, eh klar. Und von so manchen Dingen, die zum Standard eines Önologen gehören (das ist jetzt das Vokabel für den gelernten Kellerwirt). Manch Eingeweihter wird jetzt gleich groß meckern – aha, also das Zeugs das da im Weinbaucenter päckchenweise rumsteht… Ahhh, joop, auch das gehört zum Weinmachen. Achso – ob wir… auch…?! Ja, sicher, wenn nötig PUNKT Die nicht Eingeweihten bitte wieder den offenstehenden Mund zumachen.
ABER – es geht natürlich auch anders. Unsere Weine leben von einer Dichte und Fülle die sehr oft ins Gelbfruchtige, Reife geht. Also was tut er der Jassek, spätabends im Keller? Man nehme ganze Beeren von Weintrauben und gebe sie zum Most dazu. Prozentsatz variabel, je mehr umso ausgeprägter. Um ein klein wenig auszuholen: Ich habe beim ersten Mal meinem besten Arbeiter erklärt, das der Rebler kaputt sei (das ist die Maschine welche die Beeren von den Stielgerüsten trennt ) und das wir die letzten Kisten händisch abbeeren müssen. Dieser ging dann zu seiner Truppe und sagte folgenden, legendären Satz: Hey – Banditos – Chef ist verrückt, Maschine kaputt – machen mit Hand! Nach einigen Kübeln wurden sie natürlich erlöst, aber es ist eben auch ein schönes Stück Arbeit ganze Beeren zu pflücken.
Diese Beeren durchlaufen einen Prozess der vergleichbar ist mit der intrazellulären Gärung. Also die Beere vergärt in der Schale. Das intensiviert die Dichte, den Körper und die Aromatik. Wenn der Prozess fertig ist, fließt der Beeren-Saft in den eigentlichen Most, ganz ohne Zutun, und die ganze Beere schwimmt obenauf bis sie dann auf den Boden sedimentiert. Die ganze Zeit über beeinflusst sie natürlich die Aromatik. Am Ende dieses Prozesses wird sie gekonnt und manuell abgeschöpft oder mit dem Hefedepot entfernt. Wer es ganz genau wissen will der beißt noch in eine solch hohle Beere hinein. Eine Gerbstoff-Attacke die er nicht vergessen wird – Großer Tipp: Bitte nicht durch die Pumpe jagen und die gesammelten, vergorenen Beeren bloß nicht auspressen. Don´t do this! (für Winzerkollegen wird am Ende das Artikels die Kontonummer angegeben, bitte einen frei wählbaren Betrag überweisen. Er kommt bedürftigen Kollegen zugute – also mir selbst)
Das wurde verstanden. Aber was ist mit den Blättern? Nun – schon mal was von Pyrazinen gehört – und grünen, vegetalen Noten? Nun, das ist etwas das nicht unbedingt von allen geschätzt wird, aber wenn man jetzt einen sehr kleinen Anteil von gesunden Blättern oder von Stielgerüsten sagen wir mal… mitverarbeitet – Ha, was wird dann wohl mit der Aromatik passieren??? ….den genauen Ablauf geben wir nach Überweisen eines Vierstelligen Betrages auf unten genanntes Konto bekannt.
So fügen sich also Blätter und Beeren in das Weinwerden mit ein. Wo Ihr fündig werdet – nun, GV vom Berg, Sauvignon, Weinviertel DAC Grosse Reserve Schatzberg und auch Syrah seien erwähnt. Oft ist es altes, überliefertes Weinwissen, das doch noch vor paketierter Önologie geht. Und ein wenig Fachwissen – samt über den Tellerrand schauen kann ja nicht schaden. Wir definieren uns ja als JOHN-Ranger. Und dem John sei mal ein GROSSES DANKE gesagt.
Alsdann – Viel Spaß mit den Weinen! Herzlichst – Christian Jassek
Schöne, heile, geile Welt!
Wir halten bei Tag fünf in der Hitzewelle Nummer vier. Heute standen 37 Grad am Thermometer. Im Schatten wohlgemerkt. Schon in der Früh trällerten sie aus dem Radio: Ein herrlicher Badetag, Sonne ohne Ende und ich weiß nicht wie oft gab es: Toll, Geil…. und sonst noch was.
Also ich bin Winzer. Meine Reben stehen im Boden, verwurzelt in der Natur. Ich finde 37 Grad jetzt gar nicht so toll, geschweige denn Geil. Meine Reben finden das auch nicht mehr. Nach vier Wellen – und sechs Wochen mit Null Niederschlag. Wir haben viele Junge Anlagen, die befinden sich im Stressmodus hoch vier, viele kämpfen schon extrem mit der Trockenheit. Gelbe Blätter, Mangelerscheinungen, teils Laubfall, Kümmertriebe und vertrocknete Trauben sind an der Tagesordnung. Es fehlen teils 60% der Monatsniederschläge, bei der auflaufenden Jahresbilanz sieht es nicht anders aus. Das macht Sorgenfalten. Das wirft einiges Normale über den Haufen, es ändert den Herbstplan radikal und das Weinwerden heuer macht es voraussichtlich zu einer richtigen Herausforderung.
Die Weinwelt steht Kopf, ein Wetter-Extrem jagt das Nächste:
In Spanien und Portugal trocknen die Weinberge aus, in Bordeaux brennt hunderte Hektarweise der Wald ab, und verrußt gleich noch die Trauben mit; 2022er Bordo wird mit herrlich rauchigen Tönen versehen sein! Im Burgenland schwindet der Wasserstand des Neusiedlersees rapide und der Zicksee, der trägt sich in die Geschichtsbücher ein – Es war einmal… Wer sein Langzeitgedächtnis aktiviert der bekommt dann noch folgende Bilder: in Deutschland wird ein ganzes Anbaugebiet von der Flut mitgerissen, Jahrhunderte altes Kulturgut wird in 12 Stunden wegradiert, manchen Bio-Winzern verfault die Ernte an den Stöcken; Hagelkörner in Tennisballgröße fegen über das Weinviertel und enden mit einem Tornado über Tschechien- verwüsten dort einen ganzen Ort….. Nun, man nennt das Natur. Besser Naturgewalt. Als Winzer bekommst du es direkt mit und es präzisiert den Satz: Wir stehen nicht auf der Erde, wir stehen in der Erde.
Dann aber kurz ins Netz geblickt, und Insta und sonst noch wo: meist nur heile Welt. Winzer/innen hopsen durch den Keller und machen Faxen, ein Sommelier grinst und stammelt Subba – legga!, Vier-Sterne Verkostungen im Fünf-Sterne Lokal samt Batterien von leeren Flaschen, deren Inhalt jeweils mehr Wert ist als so mancher Tank im eigenen Keller. Auch das ist Winzer Sein. Natürlich. Und Mitleid ist ein schlechtes Geschäftsmodell. Auch klar. Aber ab und an ist vielleicht ein Schritt Rückwärts besser als ein Sprung vorwärts. Alle zusammen und viele kleine Schritte – damit bewegt man was. Wenn wir es ernst nehmen mit unserm blauen Planeten – und das sollten wir – dann wäre JETZT ein guter Zeitpunkt. NOW or NEVER – so steht es auf meinem Syrah.
Als dann – Packen wir´s! Herzlichst – Christian Jassek
Von Punkten, die die Welt bedeuten.
Wir Winzer reichen unsere Weine oft bei Wettbewerben, Verkostungen, Sorten-Trophy´s und allerlei sonstigen Verkostungen ein. Warum wir das tun? Ich denke – um zu wissen wo man steht. Und ob das ganze Jahr harter Arbeit um diesen Wein in die Flasche zu kriegen auch angemessen belohnt wird und gefruchtet hat. Und zur Überprüfung ob die Marschrichtung stimmt, ob es eine Konstante gibt. Wenn man unter den Ersten ist, oder gar gewonnen hat – dann steht man natürlich mit erhobenem Haupt da und jubelt – Hurra!
Ab und an kommt es dann vor, das halt nur… 87 Punkte dort stehen. Dann denkt man sich – FUCK – ah so ah Schaß (wie wir Weinviertler zu sagen pflegen) und man grübelt warum und weshalb nur so wenige…..und man resigniert wieder ein wenig. ABER – jetzt mal ehrlich – so eine Punktevergabe ist doch irgendwie eine reine Subjektive Momentaufnahme. Oder?
Nun, oft geht es dabei folgender Maßen zu: Es wird ein Kork aus einer Flasche geholt (wobei man heute schraubt), diese dann in ein Neutrales Gefäß umgefüllt – Jubel für die Reserven welche nach Luft lechzen, Sorry für die filigranen, fruchtbetonten – und dann geht es ab in ein Verkostungsglas. Diese stehen dort in Reih und Glied nebeneinander. Hoffentlich zumindest sieben an der Zahl um eine gewisse Objektivität zu erlangen und sieben fachkundige Weinkenner haben dann so in etwa… 20 Sekunden Zeit um Ihre Meinung dazu kundzutun – Der Moment der Wahrheit. Das kann jetzt im 100 Punkte/20 Punkte/5Gläser oder Schulnotensystem sein. What ever. Ich hoffe schriftlich und auf Papier – ein Papier, welches ein Kostleiter auswertet. Vielleicht gibt es sogar die „Sportklausel“ Der Beste Wert – Sensationell! 18,5 Punkte – und der Schlechteste Wert – womöglich steht dort: Und sagen sie dem Winzer: es ist ein Scheißwein den er da macht! 10 Punkte. – die fallen da schon mal raus. Der Rest wird dann durch fünf dividiert und siehe da – man erhält ein durchaus objektives Ergebnis: 16,4 Punkte. Eingeloggt, skaliert und ausgewertet. 26ter am Ende des Tages. Somit – er wurde gewogen, er wurde bewertet und er wurde für …(nicht) gut befunden!!!
Für Sie als Konsument sind Punkte also eine gewisse Richtschnur, wie es um die Weine steht. Vielleicht auch eine kleine Einkaufshilfe – wobei sie auch nicht immer die ganze Wahrheit erzählen. Das persönliche Kosturteil ist immer über eine Punktewertung zu stellen – meiner Meinung nach – mir soll das ja schmecken! Wer hat nicht schon mal einen hochbewerteten Wein im Glas gehabt und sich stirnrunzelnd gefragt – What??? Ich habe beim Schreiben dieses Artikels übrigens eine Flasche Summa gelehrt – 88 Punkte Falstaff. Nun, nicht die Welt, – ABER es war: Herrlich!!! Ps.: Und ich verrate Ihnen was – ich habe mir gerade noch was geöffnet: einen Schatzberg ML 2016er. Der hat dann 94 Punkte. HEUREKA!
Alsdann – Viel Spaß mit den Weinen! Herzlichst – Christian Jassek
Region – Nur ein Viertel?
Den Wein trägt unsere Region im Namen – und es bezeichnet sich als Viertel. Ergibt das aber dann ein Ganzes? Eines geben wir ja gleich vorweg zu, da wo wir zu Hause sind, da steppt jetzt nicht unbedingt der Bär. Wer das sucht, der geht in der Weite der Landschaft verloren. Wer jedoch eine intakte Natur und vor allem Kulturlandschaft sucht, der sei herzlich willkommen.
Klein, ruhig, verträumt, freundlich. PUNKT. Trefferquote dabei – 100 Prozent.
Die Weinstadt Retz, gelegen am Manhartsberg, mit Ihrem prachtvollem Hauptplatz, dem längsten Kellerlabyrinth in Österreichs und dem Landgut Althof ist schon alleine eine Reise wert. Dazu gesellen sich dann das Pulkautal, die kleinste Stadt in unserem Land – Hardegg – oder das Wahrzeichen von Retz – die voll funktionsfähige Windmühle.
Unsere Lagen, unsere Rieden – sie sind jedoch der eigentliche Schatz der Region. Wie es der Zufall so will heißt es auch genauso – Ried Schatzberg. Und er ist schon eine Besonderheit im weitläufigen Weinviertel, unser Schatzberg. Nach Süd-West geneigt, angeschmiegt an eine Geländestufe, teils Kesselartig, fängt er Sonne und Wetter ein und liefert uns vor allem eines: reife Trauben, die unsere Weine prägen. Wir sind eine der Niederschlag ärmsten und Sonnenreichsten Ecken Österreichs.
Es mag Fluch und Segen zugleich sein – es ist jedoch der Schlüssel zu unserer Aromatik:
Gelbfruchtiger, üppiger, dichter. Langlebige Weine mit Dampf im Kessel. Wer jetzt die Stirn runzelt, dem sei gesagt: leicht und fruchtig? Ja, wir können auch das. Noch. Wir sind immer noch im Westlichen Weinviertel, wir haben Eleganz und addieren Struktur. Wer uns allerdings richtig kennen lernen will, der muss noch die Attribute Kraft und Zeit hinzufügen. Das ergibt dann erst ein Großes Ganzes. Einen echten Weinviertler, einen richtigen Jassek. Es sind spezielle Weine mit individuellem Charakter. Es ist eben ein Fine–Wine–Making. Viel Spaß mit den Weinen.